HomeWissenNewsletterNewsletter III. Quartal 2023
2023

Newsletter III. Quartal 2023

ARBEITSRECHT

Kündigung wegen Äußerungen in einer WhatsApp-Gruppe mit Kollegen?

Das Bundesarbeitsgericht hat in drei aufsehenerregenden Parallelurteilen am 24.08.2023 entschieden, dass Arbeitnehmer für beleidigende Äußerungen in privaten WhatsApp-Gruppen außerordentlich gekündigt werden können. Eine besondere „Vertraulichkeitserwartung“ hinsichtlich der Nachrichten in einer solchen Gruppe bestünde bei besonders schwerwiegenden Beleidigungen nur in absoluten Ausnahmefällen.

Urlaubsverfall und Hinweisobliegenheit bei Langzeiterkrankung

Das Bundesarbeitsgericht hat in der Vergangenheit bereits entschieden, dass der Verfall von Urlaubsansprüchen nur in Betracht kommt, wenn der Arbeitnehmer im Urlaubsjahr auf seine restlichen Urlaubstage und den drohenden Verfall seitens des Arbeitgebers hingewiesen wurde. Anderenfalls tritt der zum Jahresende nicht verfallene Urlaub zum Urlaubsanspruch hinzu, der zu Beginn des Folgejahres entsteht.

BAU-, ARCHITEKTEN- UND INGENIEURRECHT

Achtung bei Verträgen mit Verbrauchern!

Das Oberlandesgericht München hat bereits mit einem Beschluss vom 22.02.2021, den der Bundesgerichtshof im Mai 2023 bestätigt hat, die Klage eines Dachdeckers zurückgewiesen, der die Vergütung für die Eindeckung eines Daches eingeklagt hatte. Wie es bei Verträgen mit Handwerkern häufig vorkommt, war der Vertrag zwischen Dachdecker und Verbraucher außerhalb der Geschäftsräume des Dachdeckers geschlossen worden. Für solche Verträge sieht § 312b BGB ein Widerrufsrecht des Verbrauchers vor, über das der Dachdecker den Verbraucher nicht belehrt hatte. Nach Ausführung der Dachdeckerarbeiten widerrief der Verbraucher den Vertrag und verweigerte die Bezahlung der Vergütung von über 25.000,00 €. Die Werklohnklage des Dachdeckers blieb ebenso erfolglos wie sein Antrag auf Herausgabe des verbauten Materials wie z. B. der Dachpfannen.

Der Bauherr entscheidet was er will!

Mit einem Beschluss vom 12.02.2021, der vom Bundesgerichtshof im Juni 2023 bestätigt wurde, hat das Oberlandesgericht München entschieden, dass auch den anerkannten Regeln der Technik entsprechende Leistungen mangelhaft sind, falls der Bauherr eine „bessere“ Ausführung vorgegeben hat. Im konkreten Fall hatte der Bauherr einen Stuckateur mit dem Aufbringen eines Kalkputzes beauftragt. 
GEWERBLICHER RECHTSSCHUTZ

Zu Risiken und Nebenwirkungen …

Der wohl bekannteste Pflichthinweis Deutschlands „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ ändert sich. § 4 Abs. 3 Satz 1 des Heilmittelwerbegesetzes, wo die Pflichtangabe geregelt ist, wird geschlechtsneutral modernisiert.
KARTELLRECHT

Bier und Fernseher: Es bleibt spannend bei der Preisbindung der zweiten Hand

Hersteller dürfen Händlern weder Mindest- noch Festpreise vorgeben. Das dürfen sie weder ausdrücklich im Vertrag noch durch eine sonstige Einflussnahme. Zwar dürfen Weiterverkaufspreise unverbindlich empfohlen werden. Wird jedoch zu intensiv nachgefasst oder gar mit Konsequenzen gedroht, überschreitet ein Hersteller schnell die Grenze zum Kartellverstoß. Mit den sich stellenden praktischen Fragen befassen sich zwei aktuelle Entscheidungen.

Fusionskontrolle auch unterhalb der Aufgreifschwelle: EU-Kommission prüft weitere Fälle

Im März 2021 hat die Europäische Kommission einen Leitfaden veröffentlicht, in dem sie sich zum Anwendungsbereich von Art. 22 FKVO geäußert hat. Sie ermöglicht es darin Mitgliedsstaaten, durch einen Antrag bei der EU-Kommission deren Zuständigkeit zur Fusionskontrollprüfung zu begründen, obwohl weder die Aufgreifschwellen für eine Fusionskontrolle auf Ebene der EU noch die nationalen Schwellenwerte der Mitgliedstaaten erreicht werden.

Europäische Kommission vereinfacht Fusionskontrollverfahren

Mit Wirkung zum 1. September 2023 gelten für Fusionskontrollanmeldungen bei der Europäischen Kommission neue Verfahrensvorschriften. Dadurch reduziert sich der Aufwand für die beteiligten Unternehmen. Mehr Transaktionen als bislang sollen im Rahmen des vereinfachten Verfahrens behandelt werden, die Verfahren werden insgesamt gestrafft und der Aufwand für die Anmeldungen soll sich verringern.

KONFLIKTLÖSUNG, PROZESSFÜHRUNG UND SCHIEDSVERFAHREN

Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen

Mit Wirkung zum 01.09.2023 ist das Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile in Zivil- und Handelssachen für die Ukraine und die Europäische Union (EU) in Kraft getreten. Dieses Abkommen erleichtert die Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen aus EU-Mitgliedsstaaten in der Ukraine und umgekehrt.

MIETRECHT

Fiktive Schadensbemessung im Mietrecht weiter möglich

Führt der Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses vertraglich von ihm geschuldete Schönheitsreparaturen nicht durch und/oder lässt er von ihm verursachte Schäden am Mietgegenstand zurück, so kann der Vermieter seine Schadenersatzansprüche fiktiv, d. h. insbesondere auf der Grundlage von Kostenvoranschlägen bemessen und geltend machen. Dies hat der Bundesgerichtshof unter Fortsetzung seiner ständigen Rechtsprechung in einem Urteil vom 19.04.2023 bestätigt.

ÖFFENTLICHES BAU- UND PLANUNGSRECHT

Kein beschleunigtes Verfahren bei Bebauungsplänen im Außenbereich!

Der Gesetzgeber hatte in den letzten Jahren eine Reihe von Beschleunigungsvorschriften zur Aufstellung von Bebauungsplänen geschaffen, darunter § 13b BauGB, dessen zeitlich begrenzte Anwendbarkeit im Zuge des Baulandmobilisierungsgesetzes im Jahr 2021 noch einmal verlängert wurde. Danach können Bebauungspläne mit einer Grundfläche von weniger als 10.000 m², durch die die Zulässigkeit von Wohnnutzungen auf Flächen begründet wird, die sich an im Zusammenhang bebaute Ortsteile anschließen, im beschleunigten Verfahren aufgestellt werden.

SOZIALVERSICHERUNGSRECHT

Scheinselbstständigkeit bei Ein-Personen-Gesellschaften

Die Rechtsprechung des Bundesozialgerichts tendiert seit Jahren dazu, verstärkt eine abhängige Beschäftigung und damit Sozialversicherungspflicht von Berufsgruppen anzunehmen, die bislang als Selbstständige behandelt wurden. Besonders einschneidend hat diese Rechtsprechung den medizinischen Bereich getroffen. Unter anderem Honorarärzte und -pflegekräfte, Praxisvertreter und Notärzte sieht das Bundessozialgericht inzwischen regelmäßig als abhängig Beschäftigte an.

VERGABERECHT

Frühere Schlechtleistung als Ausschlussgrund

Nach § 6e EU Abs. 6 Nr. 7 VOB/A kann ein öffentlicher Auftraggeber unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit ein Unternehmen von einem laufenden Vergabeverfahren ausschließen, wenn das Unternehmen bei der Ausführung eines früheren öffentlichen Auftrags eine wesentliche Anforderung erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt hat und dies zu einer vorzeitigen Beendigung, zu Schadenersatz oder einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt hat.

VERSICHERUNGSRECHT

Dienstunfähigkeitsklauseln in der Berufsunfähigkeitsversicherung

Die Versicherungsbedingungen von Berufsunfähigkeitsversicherungen enthalten teilweise Klauseln, nach denen die krankheitsbedingte Versetzung eines Beamten in den Ruhestand als Berufsunfähigkeit gilt (sogenannte Beamten- oder Dienstunfähigkeitsklauseln). Ähnliche Regelungen gibt es für Arbeitnehmer. Diese betreffen beispielsweise den Fall, dass die gesetzliche Rentenversicherung eine unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung allein aus medizinischen Gründen bewilligt.

NEWSLETTER

linkedin facebook pinterest youtube rss twitter instagram facebook-blank rss-blank linkedin-blank pinterest youtube twitter instagram