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23.07.2025

Kartellrecht: Compliance gone wrong – Millionenbußen wegen vertikaler Preisbindungen

Das Bundeskartellamt hat am 16.04.2025 Sennheiser electronic SE & Co. KG („Sennheiser“), die Sonova Consumer Hearing Sales Germany GmbH („Sonova“) sowie drei verantwortliche Mitarbeiter wegen vertikaler Preisbindungen im Bereich des Vertriebs von Kopfhörern mit Geldbußen von insgesamt knapp sechs Millionen Euro belegt.

Sonova vertreibt Sennheiser-Produkte, insbesondere Kopfhörer, im Rahmen eines selektiven Vertriebssystems. Um die Einhaltung der Qualitätsanforderungen an die Vertragshändler sicherzustellen, überwachte Sennheiser seit dem Jahr 2015 die Online-Angebote der Vertragshändler für Sennheiser-Produkte mit einer für Sennheiser speziell entwickelten Software. Mitarbeiter nutzten die dabei auch gewonnenen Preisinformationen gezielt, um auch Einfluss auf die Verkaufspreise von Premium-Kopfhörern bei den Vertragshändlern zu nehmen. 

Dafür wurde intern eine „Code-Sprache“ verwendet, welche kartellrechtlich problematische Formulierungen vermied und sich vielmehr auf die Einhaltung der selektiven Vertriebskriterien bezog. Diese interne Sprachregelung ging auf kartellrechtliche Compliance-Schulungen zurück. In diesen wurde darauf hingewiesen, dass Aufforderungen an den Handel, die Endverbraucherpreise anzupassen, unzulässig seien. Hinweise darauf, dass die Händler die vertraglichen Selektionskriterien zu erfüllen haben, seien dagegen zulässig. Entsprechend dieser Vorgaben vermieden Vertriebsmitarbeiter explizite Aufforderungen und wählten stattdessen Formulierungen, die vordergründig unkritisch waren, von den Händlern aber als Aufforderungen zur Preisanpassung verstanden und umgesetzt wurden. Die interne Sprachregelung diente somit dem Zweck, den kartellrechtswidrigen Preisbindungsmaßnahmen einen legitimen Anschein zu verleihen und diese zu verschleiern. 

Die Entscheidung des Bundeskartellamts verdeutlicht, dass Compliance-Systeme robust sein und aktiv gelebt werden müssen. Es reicht nicht aus, Richtlinien auf dem Papier zu haben. Mitarbeiter müssen die maßgeblichen Regeln verstehen und einhalten. Scheinlösungen oder „Code-Sprachen“ zwecks scheinbarer Einhaltung der einschlägigen Vorschriften schützen Unternehmen nicht vor Bußgeldern, sondern bergen zusätzliche Gefahren.

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